Im September 2024 waren wir wieder unterwegs mit dem Rad auf unserer fünftägigen Reise durch Nordholland und Friesland. Die Zuiderzee haben wir nur zu zwei Drittel umrundet. Für das letzte Drittel von Blokzijl bis Amsterdam hätten wir gegen stürmische Böen mit Regen aus südwestlicher Richtung frontal ankämpfen müssen. Auf diese Herausforderung haben wir verzichtet. Schon bei der Planung unserer Reise stand Plan B bereits fest. Mit Giethoorn konnten wir für unsere Reise den letzten Höhepunkt setzen.
Eine Beschilderung der Zuiderzeeroute konnten wir im Amsterdamer Stadtgebiet anfangs nicht feststellen. Aus Erfahrung wissen wir, dass auf den niederländischen Fernrouten die Wegweiser fehlen können, gerade um die großen Städte wie Amsterdam oder Rotterdam. Vorsorglich haben wir uns vorab die Knotenpunkte notiert. Mit diesem Backup konnten wir uns sehr gut orientieren.
Unter den jeweiligen Etappen stellen wir gerne die Knotenpunkt und die GPX-Routen zum Download zur Verfügung. Diese haben wir mit einem Radroutenplaner eines niederländischen Anbieters erstellt. Unsere gelegentlichen Irrfahrten können wir so auslassen. Hier der Link zum niederländischen Radroutenplaner:
Adressenliste
Wir erhalten öfters Anfragen zu Adressen, die auf unserer Tour lagen. Solche Zuschriften beantworten wir selbstverständlich immer wieder gerne. Um es einfacher zu machen, stellen wir für ZUIDERZEE Route (gesprochen: Soiderseerute) die nachstehende Liste zur Verfügung. Die Adressen sind chronologisch angegeben. Mit der nachfolgend abrufbaren Liste geben wir keine Empfehlungen oder Bewertung ab. Hielten wir eine Adresse für nicht zumutbar, ist diese auch nicht aufgeführt. Dennoch schließen wir nicht aus, eine Adresse versehentlich nicht genannt zu haben. Für die Richtigkeit und Aktualität schließen wir jede Gewähr aus.
Auch in den Niederlanden hat gelegentliches Bahnfahren seinen Preis. Für ein Ticket der Nederlandse Spoorwegen bezahlen wir in Venlo pro Person rund 36 Euro für eine Strecke bis Amsterdam inklusive Fahrradmitnahme. Die Fahrradmitnahme ist in den Niederlanden nur außerhalb der Hauptverkehrszeiten zwischen 9 bis 16 Uhr erlaubt. Ab 18 Uhr 30 dürfen Fahrräder wieder mitreisen bis um 6 Uhr 30 der Berufsverkehr wieder beginnt. Das Stellplatzangebot kann in den niederländischen Wagons knapp ausfallen.
Die Buiksloterweg-Fähre bringt Fußgänger, Fahrrad- und Mopedfahrer zur Amsterdamer Nordstadt. Die Nutzung der Fähre ist kostenlos.
Nach nur drei Kilometern überrascht uns die Reihensiedlung Nieuwendam, früher als "Kapiteinshemel" bekannt, sowas wie der Himmmel oder das Paradies für Seeleute. Seit 1926 ist Nieuwendam ein Stadtteil von Amsterdam. Mit den vielen liebevoll gepflegten Kapitänshäusern scheint sich Nieuwendam seiner Zugehörigkeit zur Hauptstadt widersetzen zu wollen.
In Nieuwendam wird - typisch holländisch - großer Wert auf Geselligkeit gelegt. Vor jedem Haus befindet sich eine Sitzbank. Oft sitzen Einwohner in kleinen Gruppen mit Kaffee, Kuchen oder lekker Biertje. Ein weiterer Stadtteil von Amsterdam ist Durgerdam, ebenfalls eine Reihensiedlung mit sehr gepflegten Cottage-Häusern und einem sehr schönen Yachthafen.
Einer Sage nach haben Mönche, auf niederländisch Monniken, den Ort Monnickendam vor vielen Jahrhunderten eingedeicht und erschlossen. Heute leben knapp 10.000 überwiegend weltliche Einwohner in Monnickendam.
Volendam sieht man die touristische Ausrichtung deutlich an. Der Boulevard ist flankiert mit Käseshops und Souvenirläden. Und wer es auf die Spitze treiben will, lässt sich als 'Antje und Jan' in Trachten fotografieren.
Übrigens: Wenn Deutsche 'Matjes' bestellen, amüsiert sich der Niederländer immer wieder gerne, denn ein 'matje' ist eine Matte und damit ein Haarschnitt nach Vokuhila-Art. Besser ist 'haring' oder 'maatjes haring'.
Nur wenige Kilometer nördlich von Volendam schmiegt sich Edam an, ein kleiner, sehr hübscher Ort, der gemeinsam mit Volendam die 7.000-Einwohner-Gemeinde Edam-Volendam bildet. Im Goldenen Zeitalter war Edamer Käse weltbekannt als "klootkaasje", als Kugelkäse, ideal für den Schiffstransport als Proviant und als Tauschware. Für den Export wurde der Käse mit einer Wachsschicht überzogen für eine längere Haltbarkeit.
Am Polder Zeevang gelangen wir buchstäblichen am Tiefpunkt unserer Reise: die am tiefsten gelegene Stelle in Nordholland, 6 Meter unter dem Meeresspiegel. Vor Jahrhunderten war die Gegend ein Sumpfgebiet, das nicht begehbar war. Das Land wurde um 1630 eingedeicht und es wurden Entwässerungsgräben gebaut. Der Boden konnte so für Weidevieh genutzt werden.
Schon am Vorabend haben wir uns von zu Hause aus um eine Unterkunft für die erste Nacht gekümmert, denn eine Übernachtung in Hoorn von Samstag auf Sonntag zu finden erwies sich als schwierig und sehr kostspielig. Über AirB&B haben wir eine Privatunterkunft in Berkhout, wenige Kilometer westlich von Hoorn, reservieren können zu einem sehr guten Preis-Leistungs-Verhältnis.
STATISTIK ETAPPE 1 | NOORDHOLLAND | Amsterdam - Berkhout
Start um: | 11:33 Uhr |
via |
|
Zielankunft um: | 18:50 Uhr |
Fahrzeit brutto: | 07:17 h |
Fahrzeit netto: | 03:52 h |
Tagesdistanz: | 58 km |
Gesamtdistanz: | 58 km |
Hoorn, unser nächstes Zwischenziel, ist nur vier Kilometer von Berkhout entfernt. Der Kaasmarkt, oder auch "Rode Steen" (Roter Stein) genannt, befindet sich direkt am Westfriesischen Museum. Der originale rote Stein kann im Museum besichtigt werden. Früher fanden an dieser Stelle Exekutionen statt. Der Stein färbte sich vom Blut der Delinquenten rot. Der rötliche runde Pflasterstein am Marktplatz neben der Statue von Jan Pieterszoon Coen, ist nur ein symbolisches Imitat.
Der Hoofdtooren, der Hauptturm, ist das Wahrzeichen von Hoorn und steht hier seit gut 500 Jahren. Seit 1968 wird der alte Wehrturm gastronomisch betrieben. Wo früher die prachtvollen Segelschiffe der Vereinigten Ostindischen Kompanie festmachten, starten auf historischen Segelschiffen Gruppentouren für Freizeitabenteurer, besonders bei Deutschen sehr beliebt.
Schwer beeindruckt ziehen wir weiter entlang der Ijsselmeerküste. Der kräftige Südwind stellt sich uns streckenweise entgegen. Für die großen Segler auf dem Ijsselmeer sind das offenbar optimale Wetterbedingungen. Was für eine tolle Atmosphäre an diesem Sonntag.
Die Gemeinde Enkhuizen zählt um die 19.000 Einwohner. Die Stadt hat sich zum wichtigsten Wassersportzentrum am IJsselmeer entwickelt. Früher war hier die Handelsschifffahrt sehr präsent und vor allem die Heringsfischerei. Dieser Gedanke macht wieder Appetit auf ein Fischbrötchen.
Das ehemalige Kirchengebäude in Andijk, Baujahr 1667, wurde vor ungefähr 20 Jahren in das Restaurant „Het Kerkje“ umgewandelt. Beide Inhaber sind echte Gastronomie Profis. Hier ist alles aufeinander abgestimmt
Die Stadt Medemblik zählt knapp 8.000 Einwohner. Typisch für die Region sind auch hier die vielen Hafenbecken, die sich wie Parkplätze um den Stadtkern verteilen. Im Landkreis Hollands Kroon stehen an verschiedenen Stellen Gedenktafeln, die an die Opfer abgestürzter Flugzeuge im zweiten Weltkrieg erinnern.
Für die folgende Nacht haben wir ein Zimmer im Huis van de Wadden, im Haus des Wattenmeeres, reserviert. Die Inhaber Tina und Henry haben das Haus mit seinen sieben Gästezimmern sehr liebevoll eingerichtet. Auch die Gaststube in der ehemaligen Dorfkneipe lädt zum abendlichen Verweilen ein.
Start um: | 09:12 Uhr |
via: | Hoorn |
Zielankunft um: | 16:46 Uhr |
Fahrzeit brutto: | 07:39 h |
Fahrzeit netto: | 04:28 h |
Tagesdistanz: | 77 km |
Gesamtdistanz: | 135 km |
Mit dem Rad war eine durchgängige Befahrung des Abschlussdeiches wegen Bauarbeiten in 2024 nicht möglich. Dafür hat man kostenlose Busverbindungen eingerichtet. Das kam uns sehr entgegen. Mehr als 30 Kilometer auf einem Damm zu fahren wird anfangs sehr spannend sein, kann aber nach wenigen Kilometern langweilig werden. In Kornwerderzand stiegen wir aus dem Bus. Somit blieben uns noch 4 Kilometer bis zum Festland.
Es lohnt sich, hin und wieder auf den Deich zu steigen für einen Blick auf eines der vielen Natur- und Vogelschutzgebiete. Entlang der friesischen Ijsselmeer Küste reihen sich zahlreiche Naturschutz- und Brutgebiete aneinander. Wir beobachten Schafe bei ihren Mäharbeiten. Ihre kleinen Hufe üben den optimalen Druck auf den Deichboden aus und festigen so die Grasnarbe. Wühlmäuse und Maulwürfe haben so keine Chance, den Deich zu durchlöchern.
Was auf der friesischen Flagge aussieht wie Herzen, stellt Seerosenblätter dar. Die sieben roten Wasserlilien nehmen Bezug auf die vermutlich sieben friesischen Seeländer. Die blauen Streifen symbolisieren die vielen Wasserläufe in der Region.
Hindeloopen nennt man auch 'Hylpen' (gesprochen "Hilpen"), vielleicht das 'Klein Bonum' Frieslands. Als Seefahrer brachten die Hindeloopener früher viele Inspirationen aus ihren Reisen mit. So wurden bunte Möbel und farbige Bekleidung damals sehr beliebt. Ihre eigene Sprache, das Hylpers, ist ein Sprachmix aus Friesisch, Englisch, Dänisch und Norwegisch und ist für die benachbarten Friesen zum Teil kaum verständlich. Um die 300 überwiegend ältere Sprecher gibt es noch. Hindeloopen zählt um die 850 Einwohner. Wassersport, Radtourismus und Gastronomie prägen den Ort. Hindeloopen kommt uns vor wie ein nostalgisches Museumsdorf. Hier scheint die Zeit stehengeblieben zu sein.
Stavoren ist die älteste Stadt in Friesland Stavoren ist ebenfalls geprägt durch den Wassersporttourismus und diese typisch niederländische Fischbude, an der wir nicht einfach so vorbeifahren können. Für uns darf kein Tag in Holland ohne Fischbrötchen zu Ende gehen. Von Stavoren aus gibt es in den Sommermonaten eine 80 minütige Fährverbindung nach Enkhuizen. Mit dieser Verbindung lässt sich eine Rundreise um das Ijsselmeer um mehr als 100 Kilometer verkürzen.
Wir steigen auf 10 Meter Meereshöhe entlang der Gaasterländer Klippen, die einzigen Klippen in den Niederlanden, entstanden in der vorletzten Eiszeit. Vor mehr als 130.000 Jahren türmten Gletscher aus Skandinavien den Erdboden auf.
Dieser Platz erinnert an die Schlacht bei Warns im September 1345, als es noch keine Niederlande gab. Den friesischen Bauern und Fischern gelang es damals, den Überfall der Holländer erfolgreich abzuwehren.
Einer der beliebtesten Ferienorte in Friesland ist das Städtchen Lemmer mit seinem idyllischen Stadthafen, den vielen kleinen inhabergeführten Geschäften und mit einer großen Auswahl an Gastronomie.
Start um: | 10:00 Uhr |
via: | Makkum |
Zielankunft um: | 17:55 Uhr |
Fahrzeit brutto: | 07:55 h |
Fahrzeit netto: | 04:15 h |
Tagesdistanz: | 74 km |
Gesamtdistanz: | 209 km |
Die frühere Hansestadt Blokzijl war eine strategisch wichtige Hansestadt, direkt an der alten Zuiderze gelegen, heute ein Binnenort, verbunden mit Wasserstraßen. Nicht nur für Freizeitkapitäne ein echter Geheimtipp.
An diesem vierten Reisetag gibt es kräftigen Westwind. Damit haben wir schon bei der Planung gerechnet. Deshalb entschieden wir uns für die hufeisenförmige Tour um die Zuiderzee. In Blokzijl verlassen wir die Zuiderzee Route und orientieren uns am bewährten niederländischen Knotenpunktsystem Richtung Giethoorn.
Der Weg führt vorbei am Besucherzentrum 'De Wieden'. Ein kurzer Pfad führt zu einem Aussichtspunkt mit Blick auf die umliegenden Seen. Die Landschaft wurde hier Jahrhundertelang durch den Torfabbau geprägt.
Nach wenigen Kilometer und viel Wind und Regen erreichen wir die Unterkunft in Giethoorn. Die Besichtigung des Museumsdorfes verschieben wir auf den nächsten Tag in der Hoffnung auf besseres Wetter.
Für den fünften Reisetag war wechselhaftes Wetter mit sonnigen Abschnitten vorhergesagt. Einer Besichtigung des Wasserdorfes mit dem Rad stand somit nichts im Wege. Um die 2.900 Einwohner leben in Giethoorn. Der langgestreckte Ort schlängelt sich auf einer Länge von acht Kilometern entlang eines Kanals. Einer Erzählung nach fanden hier vor 800 Jahren die ersten Siedler Hörner verendeter Ziegen, auf niederländisch Geiten. So entstand der alte Ortsname Geytenhorn, heute Giethoorn.
Die zahlreichen reetgedeckten Bauernhäuser, die sich fast alle auf Inselgrundstücken befinden, prägen den historischen Ortskern. Mehr als 170 Brücken verbinden die Inseln mit dem Festland. Giethoorn gehört zu den zehn beliebtesten touristischen Zielen in den Niederlanden. Jedes Jahr schlendern bis zu eine Million Touristen entlang der Deichwege, die eher eine Filmkulisse vermuten lassen als eine echte Wohnsiedlung.
Giethoorn wird gerne auch als das "Venedig des Nordens" bezeichnet. Diesen Titel teilt sich dieser hübsche Ort mit einem Dutzend anderer Orte in Mittel- und Nordeuropa. Wir wäre es denn, wenn wir Venedig als das Giethoorn des Südens bezeichnen? Für uns ist Giethoorn einfach nur Giethoorn, vor 800 Jahren von Flüchtlingen aus dem Mittelmeerraum gegründet, heute ein weltoffenes, authentisches und liebevoll gepflegtes Dorf, in der die ganze Welt zu Gast ist, und das jeden Tag.
Im wenige Kilometer entfernten Steenwijk stiegen wir in die Bahn und traten die Rückreise nach Venlo an. Für die Bahnfahrt von Steenwijk nach Venlo bezahlten wir 39 Euro pro Person inklusive Fahrradmitnahme und Verkaufsaufschlag, Stand September 2024. Im Bahnhof Utrecht steigen wir um Richtung Venlo. Nach insgesamt drei Stunden Bahnfahrt kamen wir in Venlo an.
Start um: | 09:30 Uhr |
via: | Kuinre |
Zielankunft um: | 15:20 Uhr |
Fahrzeit brutto: | 05:50 h |
Fahrzeit netto: | 03:05 h |
Tagesdistanz: | 47 km |
Gesamtdistanz: | 256 |
Start um: | 09:30 Uhr |
via: | Giethoorn |
Zielankunft um | 12:00 Uhr |
Fahrzeit brutto: | 02:30 h |
Fahrzeit netto: | 01:10 h |
Tagesdistanz: | 19 km |
Gesamtdistanz: | 275 km |
Es gab buchstäblich viel Neuland zu entdecken mit gemütlichen Fischerdörfern, historischen Hansestädten und Technischen Denkmälern.
Wir erlebten eine Landschaft, die in mehreren Jahrhunderten von Menschenhand geschaffen wurde und uns trotzdem - oder gerade deswegen - enorm fasziniert hat. Auch plattes Land kann sehr vielfältig sein.
In Küstennähe muss man sich auf wechselhaftes Wetter einstellen.
Nach kurzen Regenschauern lässt sich oft die Sonne wieder blicken.
Den häufig vorherrschenden Westwind haben wir bei unserer Routenplanung berücksichtigt.
In allen Unterkünften haben unsere Gastgeber dafür gesorgt, das wir uns sehr wohl fühlten und es an nichts fehlte.
Es war eine wunderschöne Reise mit dem Fiets zwischen Wasser und Land, über Gräben und Grachten, auf Deichen und Dämmen, durch Orte mit Geschichte und Geselligkeit mit reichlich Kultur und Kulinarik, und alles auf durchgängig asphaltierten Wegen, überwiegend Radwege.
Dat is Nederland. Fietsen wie Gott in Holland.